Montag, 10. August 2009

aufgefülltes halbwissen über fast alles

„Diane Demorney hatte vielleicht gar nicht so unrecht. Zwar wirkten ihre kleinen Wissensfetzen auf ihn wie eine zu knapp bemessene Patchworkdecke, doch was sie wußte, schien sie aus dem Effeff zu beherrschen. (...) anstatt mit herkulischem Kraftaufwand Geschichte zu büffeln, nimmt sie sich einen Happen vor, den sie in noch kleinere Häppchen zerlegt.“ Es gibt viele Diane Demorneys wie die aus Martha Grimes Kriminalroman „Jury besucht alte Damen“. Einzelne Bröckchen wirft die Dame ein, um täuschend echt fundiertes Fachwissen zu simulieren, während Zuhörer mit grundlegendem Allgemeinwissen nur staunen. Imponierend trotz Faulheit versucht Diane zu sein. Auch wenn man die Frage der Durchschaubarkeit beiseite lässt, kommt man zunächst nicht umhin, Halbwissen als fragwürdig zu bezeichnen: Das Gedächtnis kann umso mehr Informationen aufnehmen, je mehr davon bereits gespeichert sind. Es wird also ebenfalls faul.

Aber wer kennt keine Wissensinseln, wer spielt keine Rollen. Es muss schließlich nicht nur auf Präsentation bedachte Diane Demorneys sondern auch kreative Ingol Habertrubersgeben: Die Figur aus Peter Bichsels Erzählung „Eine Erklärung an den Lehrling Prey“ erzählt gelungene Geschichten phantasievoll mit der Freiheit eines Dilettanten. Sein Lehrling soll „den Augenblick des Erzählens jedem Wissen und jeder Brauchbarkeit vorzuziehen“. Das Auffüllen von Halbwissen, das Fabulieren ist dann als Beginn von Gedankenreisen dem Wissen als Schlusspunkt von Fragen vorzuziehen. So gesehen fabriziert Halbwissen keine Faulheit.

Und genau genommen erfordern Wissensinseln – sofern man sie geschickt an den Mann zu bringen sucht – recht elaborierte Strategien. Daher ein paar Tipps aus der Diane Demorneyschen Trickkiste: „Warum aufs Trinity College gehen und das Book of Kells studieren, über das jeder etwas wußte – wenn man im British Museum vorbeigehen konnte und eine Seite vom Book of Dimma lese konnte, von dem keine Menschenseele je gehört zu haben schien, abgesehen von Experten. Zählte ihr Gegenüber zufällig zu diesen Experten, lächelte Diane einfach nur und rauchte schweigend vor sich hin.“ „Verbitten Sie sich strikt, zum Thema Rosen oder allem, was mit Rosen zu tun hat, konsultiert zu werden. Falls Rosen zur Sprache kommen sollten (...) behaupten Sie einfach, Sie seien seit jeher nach dem Grundsatz verfahren: Je weniger man drüber weiß, desto besser. Das hört sich so bescheuert an, dass man daraus sofort schließen wird, Sie müssten in Bezug auf Rosen ein wahrer Quell der Weisheit sein.“

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